Landesdelegiertenkonferenz: Schnellere Bahnreaktivierungen in Brandenburg gefordert

Die Fraktion von Bündnis 90/Die GRÜNEN soll sich im Landtag massiv für die schnellere Reaktivierung von Bahnstrecken einsetzen. Dazu brachte unser OV-Sprecher Steffen Blunk für den Kreisverband Märkisch Oderland einen entsprechenden Antrag auf der Landesdelegiertenkonferenz 2022 in Cottbus ein (siehe Video).

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Der bisherige Umgang des CDU-geführten Infrastrukturministeriums mit der Mobilitätswende lasse für die Zukunft Böses erahnen, sagte Blunk in seiner Rede, in der er den Antrag begründete: „Wir Grünen wollen aber eine Mobilitätswende, und alle Menschen, ob grün oder nicht, brauchen sie. Und dafür brauchen wir mehr Bahnstrecken. Auch oder gerade in den abgelegenen Gebieten. Wir brauchen sie nicht 2035 oder 2040 oder noch später. Sondern wir brauchen sie schnell. Die Wriezener Bahn ist nur ein exemplarisches Beispiel, eine Strecke, die sich schnell und mit überschaubaren Kosten reaktivieren ließe“, so Blunk.


Der Antrag selbst solle der Landtagsfraktion deutlich den Rücken stärken, um sich innerhalb der Regierungsbeteiligung stärker auf das Thema Bahnreaktivierung fokussieren zu können.

Ein entsprechend starkes Zeichen setzen die Delegierten der LDK: sie stimmten zu 100 % für den Antrag.


Der Antrag im Wortlaut:

V6: Stärkung der Mobilitätswende durch Beschleunigung von Bahnreaktivierungen

Antragsteller*in:Steffen Blunk (KV MOL)

Antragstext

Die Landesdelegiertenkonferenz bittet die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sich massiv für eine Beschleunigung von Bahnreaktivierungen im Land Brandenburg über i2030 hinaus einzusetzen, indem sie die Landesregierung auffordert,

  1. insgesamt die Reaktivierungsanstrengungen vom zu erwartenden Gesamtnutzen für die jeweilige Region und das Streckennetz insgesamt abhängig zu machen,
  1. entsprechend die Liste der zeitnah zu untersuchenden Strecken und Haltepunkte über die ursprünglich benannten acht Strecken und 4 Halte zu erweitern (Durchführung von Machbarkeitsstudien), vor allem nach Rück- und in Absprache mit den betroffenen Gebietskörperschaften,
  1. entsprechend den Ergebnissen der Machbarkeitsstudien und den Erwartungen der betroffenen Gebietskörperschaften umgehend nach der Novellierung der Standardisierten Bewertung Maßnahmen zur Reaktivierung der Strecken zu ergreifen und Bundesfördermittel für Bahnreaktivierungen zu beantragen,
  1. einen konkreten und verbindlichen Zeitplan für geplante Bahnreaktivierungen aufzustellen und dem Infrastrukturministerium die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen.

Begründung

Seit der Wiedervereinigung wurden in Brandenburg viele Schienenstrecken stillgelegt, entwidmet und abgebaut, sowie das Verkehrsangebot reduziert. Seit unser Regierungsbeteiligung arbeiten wir daran, diese Entwicklung umzukehren und Schienenstrecken zu reaktivieren. Die RB35 wurde nach Süden bis Bad Saarow-Pieskow verlängert und Beelitz Stadt wird wieder direkt an Potsdam angebunden. Darüber hinaus verkehrt die RB63 weiterhin im Probebetrieb zwischen Joachimsthal und Templin. Zum Fahrplanwechsel Ende 2022 steigt das Angebot im Regionalverkehr um 15%. Im Rahmen von i2030 werden zudem zahlreiche Reaktivierungen und Ausbauten realisiert.

Wir müssen jedoch jetzt die Weichen weit über i2030 hinausstellen. Im Fokus stehen dabei nicht nur die ökologischen Aspekte der Mobilitätswende, sondern auch die Entwicklungschancen von momentan abgehängten Regionen durch eine bessere Vernetzung im Öffentlichen Personennahverkehr.

Im Rahmen der Vorbereitung des Nahverkehrsplans 2023 hat das Infrastrukturministerium zunächst 32 von insgesamt 46 weiteren vorgeschlagenen stillgelegten und zum Teil entwidmeten Bahnstrecken sowie 35 Haltepunkte von der Firma PTV Transport Consult GmbH aus Karlsruhe auf ihre Reaktivierungspotentiale hin überprüfen lassen.

Insgesamt wurden davon zunächst lediglich 4 Strecken in Kategorie A („Vertiefte Untersuchung aufgrund des erwartbaren Potenzials empfohlen“) und 4 Strecken in Kategorie B (Potenzial für eine Bestellung im Taktverkehr nicht eindeutig erkennbar) für eine nähere Untersuchung ausgewählt, für die in zwei Paketen zu je vier Strecken Machbarkeitsstudien erstellt werden sollen. Zudem sollen im gesamten Land Brandenburg nur vier Haltepunkte näher auf ihre Reaktivierungswürdigkeit hin untersucht werden.

Bereits eine erste Überprüfung der ausgewählten Strecken und Haltepunkte verwundert. Zum einen sollen auch Strecken untersucht werden, deren Reaktivierung selbst von den betroffenen Gebietskörperschaften gar nicht angestrebt werden (Müncheberger Stadtbahn, Hoppegarten-Altlandsberg). Zum anderen führten Proteste aus nicht berücksichtigten Landkreisen dazu, dass das Infrastrukturministerium Berechnungsfehler einräumte und nach Neuberechnung zwei weitere Strecken in die Pakete mit aufnahm, so dass nun 10 Strecken untersucht werden sollen. Beide Punkte lassen vermuten, dass weitere grobe Fehler in der Potentialanalyse versteckt sind.

Insgesamt erscheinen alle vom Infrastrukturministerium bisher unternommenen Schritte nicht ausreichend, eine Mobilitätswende im Land Brandenburg zügig herbeizuführen. Die im Rahmen des Nahverkehrsplans 2023 abzusehenden Maßnahmen erscheinen uns halbherzig. Wir möchten deshalb mit diesem Antrag unserer Landtagsfraktion deutlich den Rücken stärken, um sich innerhalb unserer Regierungsbeteiligung stärker auf das Thema Bahnreaktivierung fokussieren zu können.